Patienteninformation zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie

Was versteht man unter tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie?

Als tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird in Deutschland ein Behandlungsverfahren bezeichnet, welches aus der Psychoanalyse hervorging. Verbreitet ist ebenfalls die Bezeichnung "psychodynamische Psychotherapie".

Die Psychoanalyse ist das erste in der modernen Medizin etablierte psychotherapeutische Verfahren und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Sigmund Freud begründet. Freud erkannte die Bedeutung unbewusster seelischer Prozesse für die Krankheitsentstehung und begann sie mit seinen Mitstreitern eingehend zu erforschen. Er kam zu dem Schluss, dass ins Unbewusste verdrängte Konflikte und Gefühle den Menschen sowohl psychisch als auch körperlich krank machen können.

Eine entscheidende Rolle für die Entstehung derartiger unbewusster Konflikte spielen Erfahrungen, welche wir Menschen in den ersten Lebensjahren durchleben, der sensibelsten Phase der menschlichen Entwicklung. Dabei kann es sich um umgrenzte, besonders belastend und/ oder überfordernd empfundene Erlebnisse der Vergangenheit handeln oder aber um grundsätzliche Erfahrungen mit den Personen unseres näheren sozialen Umfeldes in diesen ersten Jahren, wie z.B. ob wir diese als ermutigend oder bestrafend, verlässlich präsent oder seelisch oder auch körperlich abwesend erlebten. Im psychischen Erleben als Erwachsene wirken sich solche unbewussten Prägungen in vielfältiger Weise aus, z.B. im Umgang mit Herausforderungen, zwischenmenschlichen Konflikten, Abschieden, im Bereich Vertrauens- und Bindungsfähigkeit und Selbstwert, im sexuellen Erleben und Umgang mit dem eigenen Körper.

Wie arbeitet und wirkt die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie?

In der Anfangsphase der Behandlung wird, ausgehend von den Beschwerden, die die betroffene Person in die Therapie führen, als Symptome (Depression, Ängste, Suchtverhalten, psychosomatische Beschwerden) und/oder in Form wiederkehrender gravierender Lebensprobleme (z.B. chronische Probleme in Partnerbeziehungen, Selbstüberforderung im Beruf), ein Schwerpunktthema gemeinsam herausgearbeitet, der sogenannte therapeutische Fokus.

Ein wesentliches Anliegen dieser Therapieform ist es, den Patienten dabei zu unterstützen, sich der verinnerlichten persönlichen Haltungen bewusst zu werden, welche im gegenwärtigen Leben den Zustand psychischen und körperlichen Leidens herbeiführen und aufrechterhalten.

Ein solches tieferes Verständnis der seelischen Bedeutung von Symptomen und/oder von krank machenden persönlichen Haltungen wird v.a. durch Fragen, Deutungen und Rückmeldungen der Therapeutin angeregt und führt zu einen emotional erlebten Veränderungsprozess bei der betroffenen Person, der therapeutisch begleitet wird.

Im gesamten Therapieprozess werden neben dem verbal Mitgeteilten (Aktuelles, Lebensgeschichte), auch Träume und emotionale oder körperliche Reaktionen in der Sitzung sowie das Erleben der therapeutischen Beziehung einbezogen.

Eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird üblicherweise mit einer Sitzung pro Woche durchgeführt.

In welchen Fällen sind andere Behandlungsmethoden geeigneter?

Wenn das "Symptomverhalten" des Patienten von bestimmender Bedeutung für das Fortbestehen der Erkrankung ist, wie es zum Beispiel das gestörte Esssverhalten bei Essstörungen oder das Vermeidungsverhalten bei Angststörungen, ist eine Verhaltenstherapie zu empfehlen.

Eine analytische Psychotherapie (Psychoanalyse) kann indiziert sein, wenn die betroffene Person nicht an einer umgrenzten Symptomatik und/oder Beschwerdebild leidet, sondern das Leben in umfänglicher Weise und bereits über längere Zeiträume konfliktreich und unbefriedigend erlebt wurde.